Wie wichtig guter Versicherungsschutz für Transportunternehmen und Auftraggeber von Transporten ist, zeigt eine aktuelle Entwicklung im Transportmarkt. Mit einfachen Tricks ergaunern sich sog. „Phantomfrachtführer“ ganze Warenladungen. In unserem heutigen Blogartikel gehen wir diesem Phänomen auf den Grund.
Lesedauer: 3 Minuten
Frachtenbörsen
Um zu verstehen, wie Phantomfrachtführer erfolgreich Ware stehlen können, sollten zunächst die im Transportmarkt gängigen Frachtenbörsen betrachtet werden. Hierbei handelt es sich um eine Art Ebay für Transportaufträge. Auftraggeber oder auch Transportfirmen stellen auf diesen Plattformen Transportaufträge online. Frachtführer können auf diese bieten und erhalten den Zuschlag, wenn sie den gewünschten Transport am günstigsten anbieten können. Dieses System ist seit vielen Jahren etabliert und hat Transporte deutlich effizienter gemacht. Frachtführer können dadurch Zuladungen auf bestehenden Routen aufnehmen oder neue Kunden gewinnen, die ohne Frachtenbörse nicht auf sie aufmerksam geworden wären. Spediteure können Aufträge an Subunternehmer weitergeben, wenn sie den Transport z.B. wegen Krankheit oder Fahrzeugausfall nicht durchführen können.
Das System der Frachtenbörse bietet viele Vorteile, macht das Transportgeschäft aber zunehmend anonymer. Da die Transporte regelmäßig europaweit ausgeschrieben werden, bewerben sich oft auch Unternehmen für Aufträge, die nicht aus der Region des Versenders stammen oder gar mehrere tausend Kilometer entfernt im häufig (ost-)europäischen Ausland sitzen. Eine Überprüfung der Zuverlässigkeit des Frachtführers ist hierdurch oft nicht mehr möglich. Vonseiten der Frachtenbörse werden zwar Unterlagen der Bewerber (z.B. Versicherungsnachweis, Gewerbeanmeldung) verlangt. Eine eingehende Prüfung bleibt aber meist aus und ist in der Praxis kaum möglich.
Vorgehensweise der Phantomfrachtführer
Diese Lücken im System der Frachtenbörsen machen sich die Phantomfrachtführer zunutze. Sie melden sich auf der Plattform an und übermitteln teils hervorragend gefälschte Unternehmensunterlagen wie Versicherungsnachweise und Gewerbeanmeldungen. Zudem benutzen sie häufig Mailadressen und Namen anerkannter Speditionen, die sie leicht abwandeln, z.B. in dem sie das italienische Wort „trasporti“ um ein „n“ ergänzen.
Einmal erfolgreich registriert, bieten die Betrüger binnen kurzer Zeit auf möglichst viele lukrative Transportaufträge und erhalten oft mit Dumpingpreisen die Zuschläge. Dann geht alles ganz schnell: Die Ware wird wie vereinbart beim Auftraggeber abgeholt. Nur ihr Ziel erreicht diese nicht mehr. Sie wird an einen unbekannten Ort gebracht und von dort aus weiterverkauft.
Beliebte Beute für Phantomfrachtführer
Besonders attraktiv für Betrüger sind Waren mit hohem Warenwert und leichter Weiterverkaufbarkeit, vor allem international. Hierzu gehören insbesondere Metalle wie Kupfer. Doch auch andere Waren wie Elektronikgeräte oder Lebensmittel sind bei den Betrügern beliebt. Laut einer Untersuchung des Versicherungsverbands GDV, der insgesamt 1.007 versicherte Ladungsdiebstähle untersucht hatte, waren zwischen 2017 und 2022 bei Dieben vor allem Elektronikgeräte beliebt (19 Prozent aller Diebstähle), gefolgt von Metallwaren (12 Prozent), Lebensmitteln (10 Prozent) und Fahrzeugen bzw. Fahrzeugteilen (neun Prozent). Ausgewertet wurden hier jedoch alle Transportdiebstähle und nicht nur jene, die mit der Phantomfrachtführer-Masche gestohlen wurden.
Versicherungsschutz bei Betrug
Im Regelfall sind Diebstähle von Ware durch Phantomfrachtführer vom Versicherungsschutz der Verkehrshaftungsversicherung abgedeckt. Wird ein Transportauftrag von einer Spedition an einen vermeintlichen Frachtführer weitergegeben, ist die Waren also üblicherweise versichert. Allerdings deckt die Verkehrshaftungsversicherung oft nicht den vollen Warenwert ab, sondern nur die gesetzlich vorgeschriebenen 8,33 Sonderziehungsrechte. Das entspricht ca. 10€ je kg der transportieren Ware. Bei Metallen oder Elektroartikeln reicht dies nicht aus.
Auf der Differenz bleibt in der Regel der Auftraggeber sitzen, wenn er den Spediteur kein qualifiziertes Verschulden nachweisen kann. Gleiches gilt für den gesamten Warenwert, wenn der Auftrag direkt vom Auftraggeber in die Frachtenbörse eingestellt wurde.
In einem früheren Blogartikel haben wir Möglichkeiten beschrieben, sich durch eine Warentransportversicherung umfassender zu schützen.
Checkliste zum Umgang mit Frachtenbörsen
Die Mannheimer Versicherung als einer der führenden Transportversicherer in Deutschland hat eine Checkliste veröffentlicht, mit denen sich Spediteure gegen das Risiko der Phantomfrachtführer schützen können. Diese können Sie hier kostenlos herunterladen. Darüber hinaus bietet auch der GDV auf seiner Internetseite wertvolle Tipps zur Schadenverhütung zur Verfügung.
Sie sind Transportunternehmen und haben Interesse an einer Verkehrshaftungsversicherung oder Sie sind Unternehmer, der regelmäßig Waren über Frachtführer versendet,sprechen Sie uns jederzeit gerne an!
©Bild: Jay Huang/Unsplash
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