Die stetig steigenden Pflegekosten bleiben weiterhin ein Diskussionsthema in Politik und Gesellschaft. Das wachsende Durchschnittsalter der Menschen, die höhere Lebenserwartung sowie Kostensteigerung im Gesundheitswesen durch Inflation und Lohnanpassungen lassen die Versicherungslücke im Pflegefall weiter steigen. Mit unserem heutigen Blogartikel möchten wir Sie zum Thema Pflegeversicherung auf den aktuellen Stand bringen.
Lesedauer: 4 Minuten
Pflegereform PSG II
Im Jahr 2017 hat der Gesetzgeber die Pflege grundlegend reformiert. Aus 3 Pflegestufen wurden 5 Pflegegrade. Dabei wurden die Zuzahlungen in der stationären Pflege vereinheitlicht, zudem wurde die Leistung der sozialen Pflegeversicherung angehoben, insbesondere in Fällen der eingeschränkten Alltagskompetenz (u.a. Demenz). Ausführlicher haben wir dieses Thema in einem früheren Blogartikel beschrieben.
Reform der Pflegeversicherung 2023
Knapp 6 Jahre nach der großen Reform 2017 hat der Gesetzgeber nun erneut auf die sich zuspitzende Situation in der Pflege reagiert und das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) verabschiedet. Hierbei wurden u.a. kleinere Themen wie eine telefonische Pflegebegutachtung, verbesserte Auskunftsrechte sowie eine höhere Leistung für pflegende Angehörige beschlossen. Kern der Reform sind jedoch Veränderungen bei der Finanzierung der Pflege sowie die Erhöhung der staatlichen Leistung.
Anpassung der Versicherungsbeiträge in der Pflegepflicht
Da die Pflege der (meist) Alten überwiegend von den Beiträgen der Jüngeren finanziert wird, belohnt der Gesetzgeber künftig kinderreiche Familien und bestraft kinderlose. Ausgehend vom seit dem 01.07.2023 auf 3,4% angepassten Beitragssatz werden Zu- und Abschläge abhängig von der Kinderzahl berechnet, sodass folgende Beitragssätze entstehen:
- Kein Kind (gilt nicht für Personen unter 23 Jahre): Pflegebeitrag von 4,0%, Arbeitnehmer-Anteil von 2,3%
- 1 Kind: Pflegebeitrag von 3,4%, Arbeitnehmer-Anteil von 1,7%
- 2 Kinder: Pflegebeitrag von 3,15%, Arbeitnehmer-Anteil von 1,45%
- 3 Kinder: Pflegebeitrag von 2,9%, Arbeitnehmer-Anteil von 1,2%
- 4 Kinder: Pflegebeitrag von 2,65%, Arbeitnehmer-Anteil von 0,95%
- 5 oder mehr Kinder: Pflegebeitrag von 2,4%, Arbeitnehmer-Anteil von 0,7%
Maßgeblich für die Berechnung ist das sozialversicherungspflichtige Bruttoeinkommen, welches auf die Beitragsbemessungsgrenze von 59.850€ gedeckelt wird. Damit ergibt sich ein Pflegebeitrag von max. 114,71€ für Arbeitnehmer und 199,50€ für Selbstständige.
Die Besonderheit dabei: Das zweite und jedes weitere Kind wird nur während der Kindererziehungszeit (25. Lebensjahr) berücksichtigt, sodass der Beitrag auch bei kinderreichen Familien später wieder auf 3,4% ansteigen kann.
In der privaten Krankenversicherung hängt der Versicherungsbeitrag hingegen nicht vom Einkommen und der Kinderzahl ab, sondern ausschließlich vom Eintrittsalter und dem gewählten Versicherer. Eine 30-jährige Person muss hier derzeit mit ca. 60€ Monatsbeitrag rechnen.
Erhöhung der Leistungen in der Pflegeversicherung
Die Erhöhung der Beiträge führt ab 01.01.2024 zu höheren Versicherungsleistungen. Zunächst wird das Pflegegeld um 5% angehoben:
Hinzu kommt die Erhöhung der Pflegesachleistung um ebenfalls 5%:
Zudem wird der sog. Leistungszuschlag erhöht, der bei stationärer Pflege in Abhängigkeit von der Dauer des Aufenthalts gezahlt wird:
Ausblick: Pflegelücke und Entwicklung privater Zusatztarife
Wie sich Ihre persönliche Pflegelücke nach der Reform verändern wird, steht noch nicht abschließend fest, da sich neben den Leistungen der Pflegeversicherung auch die Kosten der Pflegeheime und -dienste durch Lohnerhöhung und Inflation verändern werden.
Im Pflegeheimnavigator der AOK können Sie für die Pflegeeinrichtungen in Ihrer Nähe die tatsächlichen Zuzahlungen einsehen und weitere Informationen abrufen:
https://www.aok.de/pk/pflegenavigator/
Klar ist aber, dass sich die Zuzahlungen seit der Reform 2017 erhöht haben. Fanden sich damals in Kaarst noch Pflegeheime mit 1.500€ Eigenanteil bei stationärer Pflege, liegt das günstige Pflegeheim aktuell bei knapp 1.800€ im Monat. Zu vermuten ist, dass durch die Erhöhung des Leistungszuschlags die Kosten bei Langzeitpflege etwas sinken werden.
Die vorhandene Pflegelücke kann aus eigenem Einkommen (z.B. Renten) oder aus Vermögen (ggf. auch der Angehörigen) beglichen werden. Alternativ ist aber auch eine private Pflegezusatzversicherung eine Option. Zur Wahrheit gehört aber dazu, dass auch deren Kosten in den letzten Jahren deutlich angestiegen sind. Insbesondere in der Altersgruppe der 55-70-Jährigen mussten Kunden deutliche Preissteigerungen von bis zu 70% in Kauf nehmen. Auch wenn dabei manche Anbieter mit niedrigeren Anpassungssätzen ausgekommen sind, geht der demographische Wandel nicht spurlos an den Versicherern vorbei. Wir erwarten daher auch in Zukunft nicht unerhebliche Beitragssteigerungen sowohl in der Pflegezusatz- wie auch in der Pflegepflichtversicherung.
Pflegezusatzversicherungen sind meist nur bei einem frühzeitigen Abschluss auf Dauer finanzierbar. Hier befinden wir uns allerdings in einer Zwickmühle. Da der Versicherungsschutz über gut und gerne 50-60 Jahre abgeschlossen wird und die künftige Beitragsentwicklung unklar ist, kauft man ein wenig „die Katze im Sack“. Kündigen Sie später die Pflegezusatzversicherung, da die Beitragsentwicklung zu ungünstig wird, sind die bis dahin bezahlten Beiträge weg.
Beratung zur Pflegeversicherung
Das soll ausdrücklich nicht bedeuten, dass sich eine Pflegezusatzversicherung nicht lohnen kann. Die Finanzierung der Pflege ist eine gesamtgesellschaftliche Mammutaufgabe, zu der auch Pflegezusatzversicherungen einen wichtigen Beitrag leisten. Es bedarf aber einer Analyse der gesamten Versicherungssituation, um die verschiedenen Absicherungsthemen wie Krankentagegeld, Berufsunfähigkeitsversicherung, Todesfallrisiko und Pflege gegeneinander abzuwägen.
Sehr gerne unterstützen wir Sie dabei. Kommen Sie gerne auf uns zu.
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