Smart Home Systeme erfreuen sich immer größer Beliebtheit. Es gibt kaum ein Haushaltsgerät, welches heute nicht mit W-Lan ausgestattet und per App gesteuert erhältlich ist. Mit dem erhöhten Komfort entstehen jedoch enorme versicherungstechnische Risiken, welcher sich die meisten Nutzer und auch viele Versicherer noch nicht bewusst zu sein scheinen. Wir möchten im heutigen Blogartikel einen Überblick dazu geben.
Lesedauer: Ca. 5 Minuten
Was sind Smart Home Geräte?
Unter Smart Home versteht man alle Anlagen und Geräte im Haushalt, welche in elektronischer Form gesteuert werden können. Hierzu gehören klassische Haushaltsgeräte wie Kühlschränke, Kaffeemaschinen oder Toaster, Entertainment-Produkte wie Fernseher und Soundsysteme, aber auch die Gebäudetechnik, u.a. Heizungsanlagen, elektronisch gesteuerte Rollläden und Türsicherungen, auf die wir im weiteren Verlauf noch zu sprechen kommen.
Je nachdem, ob die Geräte fest mit dem Gebäude verbunden sind oder nicht, sind sie zunächst als Hausratgegenstand (lose) oder Gebäudebestandteil (fest) über die jeweilige Hausrat- oder Wohngebäudeversicherung abgesichert. Bei fest eingebauten Smart Home Geräten von Mietern besteht dabei die Besonderheit, dass Sie immer häufiger auch von der Hausratversicherung umfasst sind, da nicht immer sichergestellt ist, dass Versicherungsschutz über die Gebäudeversicherung des Vermieters besteht.
Welche Schäden sind üblicherweise versichert?
So weit, so gut. Sollte man zumindest meinen. Die Smart Home Geräte sind im Normalfall versichert, wozu dann ein Blogartikel? Dazu sollte man die Logik von Versicherungsverträgen näher betrachten.
Jede Gebäude- und Hausratversicherung sichert eine abschließende Aufzählung von Gefahren ab. Dazu gehören:
- Feuer, Überspannung, Blitzschlag, Explosionen
- Einbruchdiebstahl (nur Hausrat)
- Leitungswasser
- Sturm, Hagel
- Glasbruch
- Elementarschäden (z.B. Überschwemmungen, Erdbeben, Vulkanausbruch)
Diese Gefahren werden je nach Tarif noch um Nebenleistungen ergänzt, z.B. Vandalismus oder einfacher Diebstahl von Gebäudebestandteil. Werden Smart Home Geräte also von einer der genannten Gefahr beschädigt, sind sie meist gut versichert.
Was kann sonst noch bei Smart Home passieren?
Brände, Diebstähle und Naturgefahren sind aber nicht das große Problem für Smart Home Geräte. Sie werden nicht überdurchschnittlich häufig gestohlen, brennen auch nicht besonders oft und sind genauso von Naturgefahren betroffen, wie der Rest des Hauses.
Versicherungstechnisch interessanter sind Schäden, die sich aus der speziellen Natur der smarten Geräte ergeben – insbesondere die Möglichkeit der Fernsteuerung per App. Dies ermöglicht Unbefugten Dritten („Hacker“) die Chance, die Geräte zu steuern und für ihre Zwecke zu missbrauchen. Dies kann entweder geschehen, um einen finanziellen Vorteil aus dem Angriff zu ziehen oder schlicht dazu dienen, den Besitzer zu schädigen. Darüber hinaus sind auch Schäden durch den Besitzer selbst denkbar, etwa durch Bedienfehler oder das unbeabsichtigte Öffnen von Türen und Fenstern.
Da stetig neue Geräte entwickelt werden und Hacker immer kreativer werden, kann diese Aufzählung nicht abschließend sein. Die Praxis wird zeigen, welche zusätzlichen Schadenpotenziale entstehen werden.
Denkbare Szenarien sind u.a.:
- Unbekannte zerstören die smarte Klingelanlage am Gartentor
- Hacker greifen die Heizungsanlage an und setzen den Temperaturregler aus. Dies führt zu einer Überlastung der Heizung, welche dabei beschädigt wird.
- Die Gefriertruhe wird versehentlich abgetaut und das Gefriergut verdirbt.
- Anstatt die elektronische Türsicherung beim Verlassen des Hauses zu aktivieren, wird sie aus Versehen deaktiviert. Ein Dieb nutzt den Tag der offenen Tür, um sich am Hausrat zu bedienen.
Im Fokus: Smarte Türsicherungen
Das letzte Szenario bereitet uns aus versicherungstechnischer Sicht die meisten Kopfschmerzen. Kommen elektronische Türsicherungen, sog. Smart Lock Systeme zum Einsatz, entstehen enorme Risiken, die der Versicherungsmarkt noch nicht zu unserer Zufriedenheit absichert.
Wir stellen uns vor, Sie kommen von Ihrem zweiwöchigen Urlaub nach Hause und Ihre per Smart Lock gesicherte Haustür steht offen. Es sind keine Einbruchspuren ersichtlich. Als Sie Ihr Haus betreten, ist es nahezu leer. Diebe haben sich an Ihrem Hausrat bedient und das Haus besenrein hinterlassen. Sie melden den Schadenfall Ihrer Hausratversicherung und erhalten als Antwort, dass mangels Einbruchspuren von einem sog. einfachen Diebstahl ausgegangen wird. Dieser ist leider nicht vom Schutz Ihrer Hausratversicherung umfasst und Sie gehen leer aus.
Nach den Versicherungsbedingungen der meisten Hausrattarife ist die Ablehnung korrekt. Gelingt es Ihnen nachzuweisen, dass die Anlage gehackt worden ist, kann je nach Art des Smart Lock Systems bei einzelnen Verträgen Schutz bestehen. Fehlt es aber an einer mechanischen Türsicherung, d.h. fällt kein Riegel mehr ins Schloss (z.B. bei magnetgesicherten Türen), werden auch diese oftmals nicht leisten.
Die Gemengelage ist ausgesprochen undurchsichtig, da im Moment noch völlig unklar ist, wie weiträumig die Rechtsprechung den Begriff eines „Schlüssels“ auslegen wird. Ist der Fingerabdruck bei Fingerprint-Systemen ein Schlüssel? Gilt das auch für eine App oder einen Zahlencode? Davon hängt letztlich ab, ob das Hacken einer smarten Türsicherung den Tatbestand eines Einbruchdiebstahls erfüllen wird. Hinzu kommt, dass sicher nicht in jedem Fall das Hacken der Anlage bewiesen werden kann. Die bloße Tatsache, dass Sachen aus dem Haus gestohlen wurden, reicht hierfür nicht aus.
Kurzum: Nach dem aktuellen Stand müssen Sie davon ausgehen, bei Diebstählen keinen Versicherungsschutz zu haben, wenn Sie Ihr Haus mit Smart Lock Systemen sichern!
Welche Lösungen gibt es?
Viele Hausratversicherer bieten sog. Smart Home Bausteine. Diese versprechen umfangreichen Versicherungsschutz, sind aber mit Vorsicht zu genießen. Zwar leisten sie häufig bei Schäden an den Anlagen selbst und auch bei Folgeschäden, z.B. dem Diebstahl bei offener Haustür. Allerdings sind die Versicherungsleistungen begrenzt auf vergleichsweise niedrige Beträge von ca. 1.000€ bis 5.000€. Bei kleineren Diebstählen mag dies ausreichen. Haben die Diebe aber Zeit, etwa aufgrund der urlaubsbedingten Abwesenheit des Besitzers, sind die Versicherungssummen zu niedrig.
Etwas mehr Schutz bietet die Klausel „Opfer einer polizeilich angezeigten Straftat“. Diese ist in einigen besonders leistungsstarken Versicherungstarifen enthalten und hat in der Regel nur die Voraussetzung, dass der Schadenfall bei der Polizei zur Anzeige gebracht wird. Hierüber lassen sich je nach Tarif bis zu 10.000€ Schaden absichern.
Besser wäre aber, Versicherungsschutz in Höhe der vollen Versicherungssumme zu haben. Dies ist nur möglich, wenn das Hacken der smarten Türanlage explizit als Einbruch gewertet wird. Nach unserem Kenntnisstand hat dies bisher nur die Barmenia/Adcuri im Tarif Premium bedingungsgemäß geregelt. Kann also nachgewiesen werden, dass die Türsicherung gehackt wurde, besteht voller Versicherungsschutz. Gelingt der Nachweis aber nicht, weil die Hacker keine Spuren hinterlassen haben, gilt nur der eingeschränkte Schutz der beiden ersten Klauseln.
Von Vorteil ist es, wenn Ihre Hausratversicherung die Bestleistungsgarantie enthält, welche wir in einem früheren Blogartikel thematisiert hatten. Durch diese greift in den meisten Fällen die kundenfreundliche Regelung der Barmenia/Adcuri. Zusammen mit der Klausel „Opfer einer polizeilich angezeigten Straftat“ sind Sie trotz Smart Lock versicherungstechnisch recht gut aufgestellt.
Wozu rät TBO?
Wie beschrieben, sind auch mit hervorragendem Versicherungsschutz Szenarien denkbar, in denen kein oder nur eingeschränkter Versicherungsschutz besteht. Wenn Sie Ihr Objekt mit Smart Lock sichern, sollten Sie die Technik so einstellen, dass ein Hacking leichter beweisbar ist. Je nach Anlage kann dies beispielsweise durch die Dokumentationsfunktion der Türkontakte oder zusätzliche Überwachungstechnik erfolgen, wobei hier natürlich die gesetzlichen Regelungen zum Datenschutz beachtet werden sollten. Zudem sollte -wenn Sie sich für Smart Lock entscheiden- auf Qualität gesetzt werden, um es Dieben so schwer wie möglich zu machen, die Anlage zu hacken.
Zudem sollten Sie nicht nur auf die Versprechungen der Hersteller hören, sondern sich auch externen Rat von unabhängigen Stellen einholen. Die Polizei kann hierfür ein guter Ansprechpartner sein.
Nutzen Sie Smart Home Geräte im größeren Umfang, raten wir in jedem Fall zu einer Überprüfung Ihres Versicherungsschutzes. Kommen Sie dazu gerne auf uns zu!
©Bild: Sebastian Scholz (Nuki)/Unsplash
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