Die Absicherung von VC-Unternehmen gehört zu den komplexesten Aufgaben eines Versicherungsmaklers. Aufgrund von rechtlichen Fragestellungen, einem eingeschränkter Anbieterkreis und begrenzte Kapazitäten am Markt wagen sich nur wenige Makler und nahezu keine Generalagenten an dieses Risiko. Auf die genauen Hintergründe möchten wir in diesem Blogartikel eingehen.
Lesedauer: 5 Minuten
Was sind VC-Unternehmen?
VC steht für Venture Capital, also sog. Wagnis-Kapital. Es handelt sich um Finanzunternehmen, welche bei privaten und/oder institutionellen Anlegern Kapital einsammeln, um damit Investitionen in die Privatwirtschaft zu tätigen. VC-Unternehmen verwalten erhebliche Vermögen, meist in der Größenordnung von wenigen Millionen bis hin zu Milliarden Euro. Mit diesem Kapital tätigen Sie risikoreiche Investments, die ihren Anlegern überdurchschnittlich hohe Renditen ermöglichen sollen. Entsprechend hoch sind die Risiken und damit der Bedarf an geeignetem Versicherungsschutz.
Besonderer Bedarf
Die größten potenziellen Schäden von Unternehmen der Finanzbranche entstehen im Bereich Haftpflicht. Ansprüche Dritter, meistens von Anlegern, Zielunternehmen und Banken, können dabei direkt gegen das VC-Unternehmen, den Fonds oder die Führungskräfte erhoben werden. Für die optimale Absicherung ist es daher notwendig, eine Vermögensschadenhaftpflicht (E&O oder Errors & Omissions) mit einer Managerhaftpflicht (D&O oder Directors & Officers) zu kombinieren.
Kapitalverwaltungsgesellschaften (kurz: KVG) nach KAGB, welche eine BaFin-Zulassung beantragen möchte, unterliegen strengen Eigenmittelanforderungen, damit sichergestellt werden kann, dass im Fall der Fälle genügend Kapital zur Verfügung steht, um die Anlegerinteressen zu befriedigen. Diese Anforderungen können durch eine E&O erfüllt werden. Neben einer ausreichenden Versicherungssumme muss dabei auch gewährleistet werden, dass die BaFin über Vertragsstörungen (Nichtzahlung der Beiträge) oder Kündigungen des Versicherungsschutzes informiert wird.
BaFin-registrierte Unternehmen können im öffentlichen Register eingesehen werden.
Worauf ist bei VC-Unternehmen zu achten?
Wie bei jedem anderen Unternehmen ist selbstverständlich auch in der Finanzbranche darauf zu achten, dass die Versicherungsbedingungen der E&O und D&O möglichst leistungsstark und kundenfreundlich gestaltet sind. Insbesondere sollten dem Versicherer möglichst wenige Möglichkeiten eröffnet werden, den Versicherungsschutz etwa durch grob fahrlässiges Verhalten des Kunden oder seiner Mitarbeiter zu versagen. Unser Blogartikel zum Thema D&O geht näher auf dieses Thema ein: Zum Blogartikel Managerhaftpflicht
Speziell bei VC-Unternehmen ist darauf zu achten, dass nicht nur die KVG Versicherungsschutz erlangt. Oftmals sind zahlreiche weitere Unternehmen involviert, welche im Schadenfall Schutz benötigen. Denkbar sind hierbei beispielsweise die Fonds selbst (meist sind dies KGs), Tochterunternehmen und Investmentvermögen.
Zudem werden Führungskräfte des Versicherungsnehmers oft in Zielunternehmen entsandt, um dort beispielsweise als Aufsichtsräte eine Kontrollfunktion einzunehmen. Bei der Gestaltung der D&O-Police sollten solche Fremdmandate mitversichert werden. Häufig ist dies trivial. Allerdings kann es je nach Branche der Zielunternehmen passieren, dass diese nicht bedingungsgemäß mitversichert sind, sondern explizit eingeschlossen werden müssen.
Es ist illursorisch, eine 100%-Absicherung eines VC-Fonds zu erreichen, d.h. eine Versicherungssumme in Höhe des eingesammelten Kapitals. Weder reichen dazu die Kapazitäten am Markt aus, noch wäre dies wirtschaftlich. Grundsätzlich gilt aber: Je höhe die Versicherungssumme, desto besser ist das Unternehmen und seine Führungskräfte geschützt. Dass die Summe in der Regel kumuliert für Unternehmen und Führungskräfte zur Verfügung steht, sollte bei der Summenfindung berücksichtigt werden.
Was beeinflusst den Beitrag?
Die Höhe des Versicherungsbeitrags wird von verschiedenen Kriterien bestimmt. Der entscheidende Faktor sind die Branchen und Regionen der Zielinvestments. Invesitionen in den deutschen Mittelstand werden völlig anders bewertet als Investments in asiatische Crypto-Unternehmen. Die Zielinvestments bestimmen maßgeblich auch die Frage, ob überhaupt Versicherungsschutz gewährt werden kann.
Ebenfalls eine relevante Rolle spielt der Investorenkreis. Dabei gilt: Je profesioneller die Anleger sind, desto geringer ist das Risiko für mögliche Schäden. Privatinvestoren hingegen neigen eher dazu, bei sich nicht einstellendem Anlageerfolg zu klagen, wie viele Anlageskandale der letzten Jahrzehnte zeigen.
Neben diesen eher sujektiven Risikomerkmalen spielen auch die Zahlen eine wichtige Rolle: Der bisherige Track-Record der Anlage, das tatsächliche bzw. zugesagte Volumen („committed capital“) sowie natürlich die gewünschten Versicherungssummen haben erheblichen Einfluss auf den zu zahlenden Beitrag. Durch die Vereinbarung einer Selbstbeteiligung kann insbesondere in der E&O eine Reduzierung der Versicherungsprämie erreicht werden.
Weiterer Versicherungsschutz
Mit einer kombinierten E&O und D&O können sich Unternehmen und ihre Führungskräfte umfangreich gegen die zivilrechtliche Inanspruchnahme schützen. Diese geht aber oft mit strafrechtlichen Ermittlungen einher, etwa wegen des Vorwurfs des Betrugs oder der Unterschlagung. Aus diesem Grund gehört eine leistungsstarke Strafrechtsschutzversicherung ebenso zum notwendigen Versicherungsschutz für VC-Unternehmen.
Darüberhinaus besteht in der Finanzbranche ein erhöhtes Risiko für wirtschaftskriminelle Angriffe von außen (z.B. durch Hacker) oder innen (z.B. Veruntreuung durch Mitarbeiter). Daher sollten sich Finanzunternehmen mit entsprechendem Versicherungsschutz im Rahmen einer Cyberversicherung oder Vertrauensschadenversicherung beschäftigen.
Einige Versicherungsmakler vermitteln standardmäßig auch den sog. Deckungsklage-Rechtsschutz, mit dem gegen den D&O-Versicherer geklagt werden soll, wenn dieser seine Leistung verweigert. Bei diesem Thema sind wir eher skeptisch. Einerseits sind die Versicherungsbedingungen der D&O-Versicherung mittlerweile so umfangreich, dass dem Anbieter nur noch wenige Möglichkeiten bleiben, den Versicherungsschutz zu versagen. Andererseits scheint es uns bedenklich, wenn ein Makler einen Versicherer vermittelt, bei dem er von vornherein davon ausgeht, dass dieser mit einer Klage zur Leistung gewzungen werden muss.
Da VC-Unternehmen oft aktiv an Unternehmensverkäufen (Mergers & Acquisitions) beteiligt sind, ist es sinnvoll, sich mit Transaktionsversicherung (Warranty & Indemnity oder W&I) auseinanderzusetzen. Diesem Thema haben wir einen eigenen Blogartikel gewidmet: Zum Blogartikel zu W&I
Welche Anbieter versichern VC-Unternehmen?
Zur Absicherung der E&O und D&O von VC-Unternehmen reicht es nicht aus, sich auf dem deutschen Versicherungsmarkt zu bedienen. Nur wenige hiesige Anbieter sind Willens und in der Lage, Risikokapitalgeber zu versichern. Daher ist es regelmäßig notwendig, ausländische Anbieter hinzuziehen, entweder direkt oder über Lloyd´s in Brüssel bzw. London. Relevante Anbieter kommen überwiegend aus dem angloamerikanischen Raum, welche mehr Erfahrung mit Kapitalgebern und eine höhere Risikobereitschaft haben. Hierzu gehören beispielsweise Versicherer wie Newline, Chubb, Liberty, CNA, Markel oder Hiscox, aber auch asiatische Anbieter wie Tokio Marine oder Sompo International.
Regelmäßig ist es notwendig, mehrere Versicherer miteinander zu kombinieren, da die zur Verfügung gestellten Kapazitäten eines Anbieters meist nicht ausreichen, um den Kundenbedarf zu erfüllen. In einem solchen Fall spricht man von einer Layer-Deckung, bei der ein führender Versicherer (sog. Primary) mit einem oder mehreren Exzedenten (sog. Excess) den Versicherungsschutz bereitstellt.
Passende Anbieter von der Übernahme des Risikos zu überzeugen und eine umfängliche Layer-Deckung zu gestalten, ist Aufgabe des Versicherungsmaklers. Gleiches gilt für das jährliche Renewal, um den Versicherungsschutz an die jeweils aktuellen Gegebenheiten anzupassen. Anders als bei den meisten anderen Versicherungen verlängern sich die Verträge bei VC-Unternehmen meist nicht automatisch, sondern müssen üblicherweise jährlich manuell verlängert werden (sog. aktives Renewal).
Benötigen Sie Versicherungsschutz für Ihr VC-Unternehmen, nehmen Sie gerne Kontakt mit uns auf.
© Foto: Sean Pollock (Unsplash)
Comments are closed.