Führungskräfte in Unternehmen und Vereinen haben oft einen großen Entscheidungsspielraum, tragen hierdurch aber auch eine erhebliche Verantwortung. Der Gesetzgeber fordert von diesen Personen ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit im Rahmen ihrer Tätigkeit und hat dies in diversen Gesetzen wie dem GmbH-Gesetz (GmbHG) oder dem Gesetz zur Kontrolle u. Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) festgeschrieben. Diesem erweiterten Haftungsrahmen kann durch den Abschluss einer Managerhaftpflicht, der D&O begegnet werden.
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Was ist eine D&O?
Die D&O steht für Directors & Officers und wird landläufig auch Managerhaftpflichtversicherung genannt. Es handelt sich dabei um eine Sonderform der Vermögensschadenhaftpflicht und sichert Führungskräfte ab vor Inanspruchnahmen durch das Unternehmen (Gesellschaft) oder Dritte (z.B. Banken, Insolvenzverwalter, Zulieferer). Diese Inanspruchnahmen können aus verschiedenen Gründen geschehen:
- Innenansprüche, z.B.:
- Organisationsverschulden
- Auswahlverschulden
- Überwachungsverschulden
- Pflicht zur Kapitalerhaltung
- Berichtspflichten
- Befolgung von Gesellschafterweisungen
- Pflicht zur Geltendmachung eventueller Schadenersatzansprüche
- Außenansprüche, z.B.:
- Verletzung von Schutzgesetzen (z.B. Sozialversicherungsbetrug)
- Besondere persönliche Vertrauensstellung
- Vorsätzlich sittenwidrige Schädigung
- Wettbewerbs- und Immaterialgüterrecht
- Insolvenzantragspflicht
- Sozialgesetzbuch, Abgabenordnung
Wer braucht eine D&O?
In Anspruch genommen werden können alle Organe juristischer Personen. Hierzu gehören Geschäftsführer, Vorstände, Beiräte und Aufsichtsräte. Darüber hinaus können auch „normale“ Angestellte betroffen sein, wenn sie eine besondere Funktion ausüben, z.B. Compliance- oder Datenschutzbeauftragte. Die Haftung setzt dabei keine Vergütung voraus, sodass auch Vereinsvorstände Bedarf an einer D&O-Versicherung haben.
In der Regel keine D&O benötigen Führungskräfte in Einzelunternehmen oder Personengesellschaften wie oHG oder KG.
Unternehmens-D&O
Die klassische Form der D&O ist die Unternehmenspolice. Versicherungsnehmer wird hierbei die Gesellschaft, z.B. eine GmbH oder AG. Diese schließt einen Vertrag zugunsten Dritter ab, d.h. für ihre Führungskräfte. Diese sind versicherte Personen und können die Police im Schadenfall persönlich in Anspruch nehmen.
Vom Versicherungsschutz umfasst sind üblicherweise alle Personen, die nach gültiger Rechtslage persönlich in Anspruch genommen werden können. Dieser Personenkreis, der in den Policen explizit benannt ist, wird von Jahr zu Jahr immer größer. Allerdings greift für viele der darin genannten Personen das Haftungsprivileg des Arbeitnehmers, wodurch diese letztlich nicht wirksam in Anspruch genommen werden können.
Wichtige Merkmale bei der Produktauswahl einer D&O
Die Versicherungsbedingungen der am Markt erhältlichen D&O-Policen unterscheiden sich in einigen Punkten. Hierbei sei gesagt, dass die Tarife im Allgemeinen sehr leistungsstark geworden sind und seit einigen Jahren nur noch vergleichsweise wenige Lücken aufweisen. Der Wettbewerb am Markt und verbraucherfreundliche Gerichtsurteile haben dazu geführt, dass sich die Versicherer nur selten im Leistungsfall aus der Affäre ziehen können.
Ein wichtiges Merkmal einer leistungsstarken D&O-Police ist die Versicherungssumme, die wir im Abschnitt „Die richtige Versicherungssumme in der D&O“ behandeln. Empfehlenswert ist, Versicherungsbedingungen zu wählen, die eine Wiederauffüllungsoption vorsehen. Dadurch wird gewährleistet, dass für einen zweiten Versicherungsschaden im Jahr genügend Kapital zur Verfügung steht, falls ein erster Schaden die Versicherungssumme aufgebraucht hat. Vorteilshaft kann es darüber hinaus sein, eine mehrfache Maximierung der Versicherungssumme zu vereinbaren, wodurch diese x-mal pro Jahr (je nach Vereinbarung) zur Verfügung steht, allerdings nicht für den gleichen Schadenfall.
Einige Versicherer bieten die sogenannte unechte Maximierung an. Hierbei steht die Versicherungssumme ein zweites Mal für Kostenpositionen zur Verfügung, sodass die eigentliche Schadenzahlung dadurch nicht belastet wird. Kostenpositionen können beispielsweise sein:
- Abwehrkosten (z.B. Rechtsanwalts- und Gerichtskosten)
- Gutachterkosten
- Sicherheitsleistungen und Kautionen
- Reputationskosten
Mittlerweile erhalten viele D&O-Policen zahlreiche Kostenpositionen, die mit einer D&O nur noch wenig zu tun haben. Auf den ersten Blick scheinen diese den Versicherungsschutz zu verbessern. Bedacht werden sollte jedoch, dass diese die Versicherungssumme aufzehren können, falls keine unechte Maximierung vereinbart wurde.
Leistungsausschlüsse in der Managerhaftpflicht
Mehrere Gerichtsurteile haben bestätigt, dass der Versicherungsschutz einer D&O auch die Rückforderung an die Unternehmensführung von Zahlungen nach Insolvenzreife umfassen. Damit verbundene Schäden können im ungünstigsten Fall extrem hoch sein. Empfehlenswert ist, Tarife zu wählen, welche solche Schäden bedingungsgemäß mitversichern, damit der Versicherungsschutz nicht erst durch eine Deckungsklage erkämpft werden muss.
D&O-Policen sehen üblicherweise einen Leistungsausschluss für vorsätzlich begangene Schäden an. Das ist auch gut so. Allerdings gibt es verschiedene Ebenen des Vorsatzes, etwa den direkten Vorsatz (dolus directus) und den bedingten Vorsatz (dolus eventualis). Auch kann wissentlich gegen Unternehmensgrundsätze verstoßen werden, ohne dass allgemeingültiges Recht missachtet wird. Eine gute D&O-Police sieht nach Möglichkeit nur den Ausschluss des direkten Vorsatzes und versichert alle anderen Tatbestände. Der dolus directus sollte möglichst auch nur dem einzelnen Manager angelastet werden und nicht den anderen Vorstandsmitgliedern, gegen die ebenfalls ein Leistungsanspruch erhoben wird.
Umgang mit Tochterunternehmen
Echte Tochterunternehmen, über die das versicherte Unternehmen die Kontrolle hat, sind in D&O-Policen üblicherweise ohne namentliche Nennung mitversichert. Ausnahmen gelten meist nur für bestimmte Länder, hierzu zählen die USA sowie non-admitted-countries. Das sind Länder, in denen aus dem Ausland heraus kein Versicherungsschutz abgeschlossen werden darf, z.B. China.
Ob es immer sinnvoll ist, sämtliche Tochterunternehmen über die Unternehmens-D&O der Mutter abzusichern, sollte im Einzelfall geprüft werden. Dabei gilt es, verschiedene Fragen zu beantworten:
- Reicht die Versicherungssumme für alle Unternehmen aus?
- Gelten für die Mutter Leistungseinschränkungen (z.B. aufgrund der Branche), die die Tochterunternehmen erben?
- Sind die Konditionen der Mutter möglicherweise deutlich teurer als die, welche die Tochterunternehmen erhalten könnten?
- Haben die Führungskräfte der Tochterunternehmen ausreichend Zugriff auf die D&O-Police der Mutter?
- Entspricht der Versicherungsschutz der Mutter den rechtlichen Gegebenheiten im Land der Tochterunternehmen?
In manchen Konstellationen kann es durchaus sinnvoll sein, die Tochterunternehmen separat zu versichern, insbesondere in weitläufigen Konzernstrukturen.
Begrenzung auf Außenhaftung
Einige Versicherungsgesellschaften bieten an, den Versicherungsschutz der D&O auf solche Schäden zu begrenzen, die von außerhalb der versicherten Gesellschaft geltend gemacht werden. Damit verbunden ist in der Regel ein Beitragsnachlass in einer Größenordnung von ca. 30%. Auch einige D&O-Bausteine in anderen Versicherungspolicen (z.B. Vermögensschadenhaftpflicht) beinhalten diese Einschränkung.
Aus unserer Sicht kann eine solche Begrenzung auf die Außenhaftung nur dann eine sinnvolle Option sein, wenn die Gesellschaft zu 100% in der Hand des Eigentümers ist, d.h. dass dieser allein Gesellschafter und Geschäftsführer ist. Auch dann ist jedoch Vorsicht geboten. Einerseits muss bei einer Veränderung der Gesellschafterstruktur im Rahmen eines Anteilsverkaufs darauf geachtet werden, die D&O anzupassen (falls das dann noch möglich ist). Andererseits gelten Ansprüche eines Insolvenzverwalters bei einigen Versicherern als Innenansprüche und wären damit ausgeschlossen. Damit fällt dann ein wichtiger Teil des Versicherungsschutzes weg.
Persönliche D&O
Nicht nur Unternehmen, sondern auch Einzelpersonen haben die Möglichkeit, eine D&O abzuschließen. Solche Policen nennen sich dann persönliche D&O. Für den Abschluss einer solchen Police gibt es verschiedene Gründe:
- Der Manager hat keine Kontrolle über die Unternehmens-D&O und kann daher nicht sicher sein, dass diese abgeschlossen oder aufrechterhalten wurde.
- Die Versicherungssumme der Unternehmens-D&O ist zu gering für die Anzahl der im Leistungsfall abgesicherten Personen.
- Es existiert gar keine Unternehmens-D&O, der Manager möchte aber abgesichert sein.
- Der Manager verfügt über mehrere Mandate in verschiedenen Unternehmen und Institutionen und hat keinen Überblick darüber, ob er in allen Tätigkeiten vom Versicherungsschutz umfasst ist.
In der persönlichen D&O werden alle Mandate des Versicherungsnehmers explizit benannt und vom Versicherer auf deren Risiko geprüft. Je verantwortungsvoller die Positionen und je größer die Unternehmen sind, on denen sie ausgeübt werden, desto höher fällt deren Beitrag dabei aus. Persönliche D&Os können in vielen Fällen bereits für wenige hundert Euro abgeschlossen werden. Der Beitrag sollte dabei aus verschiedenen Gründen vom Versicherungsnehmer und nicht vom Unternehmen getragen werden.
Selbstbehalts-D&O
Im Zuge der Finanzkrise 2009 wurde entschieden, Top-Manager stärker in die persönliche Verantwortung für Managementfehler zu nehmen. Politisch war es gewollt, dass diese keinen 100%igen Schutz mehr durch eine vom Unternehmen finanzierte D&O genießen sollen. Das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) regelt seither, dass Vorstände von Aktiengesellschaften einen 10%igen Pflicht-Selbstbehalt bis mindestens 1,5 x die feste Jahresvergütung bei Schadenfällen tragen sollen.
Allerdings lässt das Gesetz die Möglichkeit offen, diesen Pflicht-Selbstbehalt durch eine persönliche D&O zu versichern. Hiervon machen Vorstände üblicherweise Gebrauch. In der Regel wird eine solche Police beim selben Versicherer abgeschlossen, bei dem auch die Unternehmens-D&O besteht. Das hat den Vorteil, dass der Schadenfall nur einem Versicherer gemeldet werden muss und die Versicherungsbedingungen aufeinander abgestimmt sind. Dadurch wird vermieden, dass die Unternehmens-D&O den Schadenfall trägt, die persönliche D&O diesen aber aufgrund einer Vertragsklausel ablehnt.
Die Versicherungssumme orientiert sich an der Vergütung des Vorstands. Der jährliche Beitrag bewegt sich in vielen Fällen unterhalb von 500€, bei besonders hohen Vorstandsvergütungen sind aufgrund der dann sehr hohen Versicherungssummen aber auch höhere Beiträge denkbar.
Mischformen der D&O
Neben den genannten D&O-Produkten existieren auch noch Mischformen zwischen Unternehmens- und persönlicher D&O. Beispielsweise können in einer D&O-Police auch mehrere Personen zusammengefasst werden, die ein vergleichbares Mandat ausüben. Typische Beispiele sind Aufsichtsräte oder Beiräte. Die Motive für solche Policen sind dabei dieselben wie bei der persönlichen D&O. Da solche Ämter aber teils ohne echte Bezahlung ausgeübt werden, bietet es sich an, diese Personen von den Kosten einer persönlichen D&O zu entlasten und durch eine Gruppen-D&O abzusichern.
Die richtige Versicherungssumme in der Managerhaftpflicht
Eine der kompliziertesten Fragen beim Abschluss einer D&O ist die Wahl der Versicherungssumme. Hierfür gibt es leider kein Patentrezept, da ein möglicher D&O-Schaden theoretisch höher sein kann als der Jahresumsatz des Unternehmens. Allerdings ist es unrealistisch, solch hohe Versicherungssummen am Markt einzukaufen, ganz zu schweigen von der wirtschaftlichen Komponente.
Generell gilt: Je höher die Versicherungssumme, desto umfassender ist der Schutz. Orientierung können ansonsten noch die Antworten auf folgende Fragen geben:
- Welche Deckungssummen ermöglicht der Markt überhaupt?
- Welches Volumen haben die größten Rechtsgeschäfte, die die Gesellschaft tätigt?
- Wie groß ist das Privatvermögen der Unternehmensmanager, welches ja letztlich durch die D&O geschützt wird?
In der Praxis tarieren Unternehmen den erhältlichen Versicherungsschutz und die dafür aufzuwendenden Beiträge aus. Auch mit der besten D&O verbleibt aber im Zweifel eine Rechtsunsicherheit, wie bei jeder Versicherung.
Strafrechtsschutz nicht vergessen
Die D&O ist vorrangig dafür da, zivilrechtliche Ansprüche zu befriedigen oder abzuwehren. In vielen Fällen geht ein D&O-Schaden dabei mit einer Krisensituation einher, z.B. einer gravierenden Fehlentscheidung oder einer Insolvenz. Dabei kommt es neben der zivilrechtlichen auch häufig zu einer strafrechtlichen Verfolgung der Verursacher. Typische Beispiele sind Betrug, Untreue oder Insolvenzverschleppung. Um diese Situationen adäquat abzusichern, sollte neben der D&O-Versicherung auch eine Strafrechtsschutzversicherung abgeschlossen werden. Dies kann teils als Zusatzbaustein zur D&O erfolgen, meist handelt es sich aber um eine separate Police.
Angebot zur Managerhaftpflicht erhalten
War die D&O Anfang der 2000er in Deutschland noch ein exotisches Produkt, welches überwiegend von Versicherungsgesellschaften aus dem angloamerikanischen Rechtsraum verkauft wurde, gibt es heute zahlreiche Anbieter für D&O-Policen. Hierunter fallen klassische deutsche Versicherer (z.B. Allianz, ERGO, Gothaer, R+V), internationale Anbieter (z.B. Markel, Hiscox, Liberty, AIG, Tokio Marine) sowie Spezialanbieter wie VOV und DUAL.
Einige Versicherer bieten für kleine und mittlere Unternehmen sogenannte Antragsmodelle, bei denen die Beitragshöhe auf Basis der Umsatzgröße direkt abgelesen werden kann. Eine Underwriting findet hierbei nur rudimentär statt, in dem objektiv und subjektiv problematische Unternehmen durch wenige Antragsfragen herausgefiltert werden.
Ab einer bestimmten Unternehmensgröße sowie Unternehmen bestimmter Branchen (z.B. Finanzwesen, Energieunternehmen, Logistik) erfolgt jedoch ein echtes Underwriting durch die Versicherer. Hierfür werden üblicherweise der letzte Jahresabschluss sowie ein Forecast für das kommende Wirtschaftsjahr benötigt.
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