Was leistet ein Firmenrechtsschutz?

Häufig werden wir vor allem von Existenzgründern und Jungunternehmen auf das Thema Firmenrechtsschutz angesprochen. Offenbar wird bei Existenzgründungsberatungen häufig die Meinung vertreten, dass eine Rechtsschutzversicherung die wichtigste Absicherung für Firmen ist. Deshalb wollen wir im heutigen Blogartikel erläutern, was eine Rechtsschutzversicherung für Firmen tatsächlich leistet.

Lesedauer: 6 Minuten

Erwartungen an den Firmenrechtsschutz

Uns ist sehr wichtig, dass Versicherungsverträge mit einer realistischen Erwartungshaltung abgeschlossen werden. Spricht uns ein Firmenkunde auf das Thema Rechtsschutzversicherung an, fragen wir daher zunächst, für welche denkbaren Schadenszenarien diese gewünscht wird. In aller Regel folgen dann Sätze wie

„Wenn ich mich mal mit einem Kunden streite.“

oder

„Wenn ich bei der Arbeit einen Fehler mache.“

An dieser Stelle müssen wir dann häufig bremsen, da genau die Rechtsschutzversicherung genau bei diesen Themen in aller Regel nicht leistet.

Verursachen Sie im Rahmen Ihrer betrieblichen Tätigkeit einen Schaden und sehen sich anschließend Schadenersatzforderungen ausgesetzt, ist dies ein Thema für die Betriebshaftpflichtversicherung. Deren passive Rechtsschutzfunktion verteidigt Sie gegen unberechtigte Forderungen, notfalls auch vor Gericht. Liegt Ihr Fokus also auf diesem Risiko, brauchen Sie eine Haftpflicht-, aber keine Rechtsschutzversicherung.

Firmenrechtsschutz

Der eigentliche Firmenrechtsschutz ist nur ein Grundbaustein mit eher überschaubarem Deckungsumfang. Seine Aufgabe ist vor allem die Übernahme von Rechtskosten bei Streitigkeiten mit Behörden, z.B.:

  • Finanzamt wegen Gewerbe- und Körperschaftssteuern
  • IHK und Gemeinde wegen Gewerbeerlaubnis
  • Sozialversicherungsträger wegen SV-Beiträgen

Selbstverständlich können je nach Ausgestaltung der Tätigkeit solche Risiken eintreten und es ist gut, hierfür Kostenschutz zu haben. Allerdings werden die Mehrzahl der Risiken erst durch Zusatzbausteine abgedeckt, soweit diese im konkreten Fall angeboten werden können.

Firmen-Vertrags-Rechtsschutz

Und genau hier kommt der Firmen-Vertrags-Rechtsschutz ins Spiel. Dieser ist relevant für alle vertraglichen Streitigkeiten, die direkt mit der unternehmerischen Tätigkeit zu tun haben. Hierzu gehören vereinfacht gesagt alle Unstimmigkeiten mit Kunden und Lieferanten.

Das Problem dabei: Seit vielen Jahren ist der Firmen-Vertrags-Rechtsschutz nicht mehr Bestandteil von gewerblichen Rechtsschutzversicherungen. Ohne Weiteres ist dieser nur für bestimmte Berufsgruppen mitversicherbar, insbesondere:

  • Ärzte und andere Heilberufe
  • Steuerberater
  • Architekten/Ingenieure
  • Landwirte
  • Handwerksbetriebe (mit Meisterpflicht)

Bei allen anderen Branchen muss der Vertragsrechtsschutz üblicherweise individuell angefragt werden. Versicherungsschutz wird dabei meist nur vor Gerichten und mit stark erhöhtem Selbstbehalt angeboten. Die Beiträge liegen dabei meist in Größenordnungen, die für viele Unternehmer uninteressant sind. Insbesondere dann, wenn Unternehmen über viele kleine Kunden verfügen, rechnet sich der individuell kalkulierte Versicherungsschutz oft nicht.

Vertragsrechtsschutz für Hilfsgeschäfte

Deutlich leichter lassen sich vertragliche Streitigkeiten rund um Hilf-, Investitionsgeschäfte sowie Versicherungsverträge versichern, d.h. alle Verträge, die nicht unmittelbar in Verbindung mit der unternehmerischen Tätigkeit stehen. Das können Mobilfunkverträge der Außendienstmitarbeiter sein, der Erwerb einer Mitarbeiterküche oder eine Klage gegen den Kfz-Versicherer, der einen Schaden nicht regulieren möchte.

Bei qualitativ guten Tarifen ist der Vertragsrechtsschutz für Hilfsgeschäfte automatischer Bestandteil des Firmenrechtsschutz. Vor allem bei sehr alten Tarifen fehlt er aber gelegentlich.

Besonders interessant ist dieser Baustein,  da hier meist  der Versicherungsvertrags-Rechtsschutz enthalten ist. Bei betrieblichen Versicherungen besteht erfahrungsgemäß ein erhebliches Schadenpotenzial mit hohen Streitwerten ( z.B. weil der Gebäudeversicherer nach dem Abbrand der Fabrikhalle mit Verweis auf Obliegenheitsverletzungen nicht zahlen möchte).

Arbeitsrecht

Beschäftigen Sie Mitarbeiter, kann der Baustein Arbeitsrecht sinnvoll sein. Dieser schützt Sie als Unternehmer vor Streitigkeiten mit Ihren Angestellten, etwa aufgrund einer Abmahnung oder Kündigung. Nicht mitversichert sind aber Streitigkeiten mit freien Mitarbeitern.

Die Zahl der Angestellten ist zudem das wichtigste Tarifierungsmerkmal in der Rechtsschutzversicherung. Hierbei werden häufig Fehler gemacht, denn nicht jeder Angestellte wird hierbei voll berechnet:

  • Geschäftsführer werden nicht gewertet
  • Inhaber werden nicht gewertet
  • Mitarbeitende Familienangehörige werden nicht gewertet
  • Vollzeitmitarbeiter werden mit Faktor 1 gewertet
  • Teilzeitmitarbeiter werden meist mit Faktor 0,5 gewertet (Abweichungen möglich)
  • Azubis werden meist mit Faktor 0,5 gewertet (Abweichungen möglich)
  • Geringfügig Beschäftigte werden mit Faktor 0,25 gewertet

Da der Beitrag bei bestimmten Personengrenzen einen Sprung macht, kann der richtige Ansatz der Mitarbeiter zu einer erheblichen Beitragsreduzierung führen. Das erleben wir in unserem Beratungsalltag recht häufig.

Verkehrsrecht

Sind Firmenfahrzeuge vorhanden, ist der Einschluss des Verkehrsrechtsschutz-Bausteins oft sinnvoll. Dieser schützt bei Streitigkeiten rund um Verkehrsunfälle, den Autokauf bzw. Leasing, Werkstattbesuche und bei verkehrsrechtlichen Vergehen. Über diesen sind alle üblicherweise alle Mitarbeiter des Unternehmens beim Führen von PKW und Transportern mitversichert.

Ausnahmen bilden große LKW (Grenze meist bei 4t Nutzlast), LKW im Güterverkehr, Personenmietwagen und Sonder-Kfz. Sind diese vorhanden, müssen meist individuelle Lösungen gestaltet werden, da diese weitaus häufiger in Schadenfälle verwickelt sind und daher einer höheren Versicherungsprämie bedürfen.

Immobilienrecht

Auch bei Unternehmen können Streitigkeiten aus Miet- und Pachtverträgen entstehen, etwa wegen Mieterhöhungen, Nebenkostenabrechnungen oder Unstimmigkeiten beim Auszug. Der Baustein Immobilienrecht schafft hierbei Abhilfe.

Zu beachten ist dabei, dass je nach Tarif eine maximale Jahrespacht pauschal abgesichert ist. Werden also große Einheiten in teuren Lagen angemietet, reicht der pauschal enthaltene Mietrechtsschutz ggf. nicht aus und muss individuell angepasst werden.

Strafrechtsschutz

Für einen ausgesprochen wichtigen Bestandteil des Firmenrechtsschutz halten wir die Strafrechtsschutzkomponente, die teils automatisch mitversichert ist, vereinzelt aber auch separat vereinbart werden muss. Versicherungsschutz besteht dabei zunächst nur bei Straftaten, die nicht nur vorsätzlich begangen werden können („Strafrechtsschutz“). Hier empfehlen wir, den Versicherungsschutz durch weitere Bausteine auch auf nur vorsätzlich begehbare Straftaten der Geschäftsführung („erweiterter Strafrechtsschutz“) oder aller Firmenangehörigen (Spezial-Straf-RS“) zu erweitern. Nur dann besteht Versicherungsschutz bei besonders problematischen Themen wie Steuerhinterziehung oder Betrug. Bitte beachten Sie, dass dabei allein der Vorwurf eines solchen Vergehens ausreicht, etwa durch eine anonyme Strafanzeige eines Konkurrenten oder ehemaligen Mitarbeiters.

Vergünstigter Privatrechtsschutz im Firmenrechtsschutz

Viele Tarife bieten eine Privatrechtsschutzversicherung für den oder die Firmeninhaber und Geschäftsführer zu einer deutlich reduzierten Prämie oder gar kostenfrei an. Bei Kleinstunternehmen ohne Angestellte kostet ein vollständiger Firmenrechtsschutz inkl. privater Komponente nicht viel mehr als übliche Privattarife. So kann der Vertragsabschluss aufgrund der Absetzbarkeit der Beiträge auch dann lohnen, wenn man die Firma eigentlich nicht absichern wollte.

Abgesichert ist üblicherweise die gesamte Familie des Inhabers in den Bereichen Privat, Beruf, Verkehr, Wohnen und Strafrecht. Die Selbstbeteiligung orientiert sich dabei am Firmenvertrag, kann aber bei einigen Anbietern auch individuell angepasst werden.

Marken- und Patentrechtsschutz

Eine besondere Form des Firmenrechtsschutz ist die Marken- und Patentrechtsschutzversicherung. Hierbei handelt es sich um eine separate Versicherungspolice, welche individuell nach dem Bedarf des Kunden kalkuliert wird. Versicherungsschutz wird dabei wahlweise für die Abwehr und/oder die Geltendmachung von Ansprüchen bei Markenrechts- oder Patentverletzungen geboten. Rechtsstreitigkeiten in diesen Bereichen sind erfahrungsgemäß sehr teuer, da sie mit Hilfe von hochspezialisierten Anwälten und häufig gegen mächtige Konzerne geführt werden. Entsprechend sind die wenigen am Markt erhältlichen Tarife eher hochpreisig angesiedelt. Ist Ihr Unternehmenserfolg aber von Ihrer Marke oder Patenten in besonderem Maße abhängig, kann sich die Investition in eine solche Versicherung lohnen.

Firmenrechtsschutz und seine Dienstleistungen

Über die klassischen Rechtsschutzkomponenten hinaus bieten einige Rechtsschutzversicherer zusätzliche Dienstleistungen an, die den Versicherungsschutz ergänzen. Für kleine Unternehmen ist dabei vor allem der Inkassorechtsschutz relevant. Durch diesen Baustein können Inkassodienstleister zu deutlich vergünstigten Konditionen mit dem Eintreiben von Rechnungen beauftragt werden.

Hinzu kommen je nach Tarif, ein Überprüfungsservice des Website-Impressums, Zugang zu juristischen Formularen und eine telefonische Rechtsberatung.

Das Dienstleistungsangebot richtet sich dabei insbesondere an kleine Unternehmen, die keine eigene Rechts- oder Inkassoabteilung haben. Für größere Unternehmen ist der Leistungsumfang meist zu rudimentär.

Selbstbeteiligung im Firmenrechtsschutz

In allen Rechtsschutzversicherungen ist es üblich, eine Selbstbeteiligung je Schadenfall zu vereinbaren. Tarife ohne Selbstbehalt werden kaum noch angeboten und sind meist sehr teuer.

Üblich sind Selbstbehaltsstufen von 150€, 250€ oder 500€, wobei auch andere Lösungen am Markt verbreitet sind. Auch existieren fallende Varianten, bei denen die Selbstbeteiligung nach einigen schadenfreien Jahren geringer ausfällt oder ganz entfällt.

Der Beitragsvorteil aufgrund einer höheren Selbstbeteiligung wird prozentual auf die Ursprungsprämie berechnet. Das führt dazu, dass z.B. eine um 100€ höhere Selbstbeteiligung zu einer Ersparnis von 300€ oder 500€ führen kann. Insbesondere bei einem hohen Grundbeitrag sollte daher besonderes Augenmerk auf die Selbstbeteiligung gelegt werden.

Rechtsschutz in anderen Versicherungspolicen

In einigen Branchen sind Rechtsschutzkomponenten bereits über andere Versicherungspolicen abgedeckt oder können über diese zugekauft werden. Klassische Beispiele sind:

  • Straf-, Vergütungs- und Patentrechtsschutz in Vermögensschadenhaftpflichtversicherungen von freien Berufen (z.B. IT-Branche)
  • Aktive Werklohnklage in Betriebshaftpflichtversicherungen von Handwerkern
  • Vertragsrechtsschutz in Warenkreditversicherungen
  • Honorarrechtsschutz in Berufshaftpflichtversicherungen von Architekten und Ingenieuren
  • Strafrechtsschutzversicherung in D&O-Policen
  • Cyberrechtsschutz in Cyberversicherungen

Wie Sie sehen, ist der Firmenrechtsschutz ausgesprochen komplex und kann sehr individuell auf den Bedarf des Unternehmens angepasst werden. Benötigen Sie nähere Informationen oder eine Beratung zum Thema, kommen Sie gerne auf uns zu.

©Bild: Tingey Injury Law Firm/Unsplash