Reform der BRAO 2022
Am 01.08.2022 tritt die sog. „große BRAO-Reform“ in Kraft. Diese regelt das Berufsrecht von Rechtsanwälten und Steuerberatern neu. Hierdurch wird diesen Berufsgruppen mehr Freiheit bei der Organisation ihrer Kanzleien ermöglicht. Dies hat auch Auswirkungen auf die verpflichtende Vermögensschadenhaftpflichtversicherung. Die konkreten Details haben wir in unserem heutigen Blogartikel zusammengefasst.
Lesedauer: Ca. 4 Minuten
Gesellschaftsrechtliche Organisationsfreiheit
Durch die BRAO-Reform sind Anwälte und Steuerberater künftig berechtigt, sämtliche gesellschaftsrechtlichen Organisationsformen zu wählen. Wählbar sind künftig insbesondere folgende Rechtsformen:
- Gesellschaften nach deutschem Recht einschließlich der Handelsgesellschaften (z.B. GbR, GmbH, GmbH & Co. KG)
- Europäische Gesellschaften
- Gesellschaften, die zulässig sind nach dem Recht
- eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder
- eines Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum
Zulassung von Berufsausübungsgemeinschaften
Berufsausübungsgemeinschaften unterliegen künftig in jedem Fall einer Zulassungspflicht durch die jeweilige Kammer. Dies verleiht ihnen zusätzliche Rechte. Sie dürfen beispielsweise Rechtsdienstleistungen erbringen und sind postulationsfähig.
Mit diesen Rechten gehen jedoch auch Pflichten einher. Die BAG benötigt einen eigenen Versicherungsschutz und muss berufsrechtliche Regelungen, etwa im Zusammenhang mit Werbung, Tätigkeitsverboten oder anwaltlichen Pflichten einhalten.
Von der Zulassungspflicht ausgenommen sind Personengesellschaften ohne beschränkte Haftung.
Interprofessionelle Berufsausübungsgemeinschaften
Durch die BRAO-Reform wird die Bildung von BAGs verschiedener Berufsträger erleichtert. Insbesondere der Kreis sozietätsfähiger Berufe wird erweitert. Interprofessionelle Berufsausübungsgemeinschaften sind künftig mit allen freien Berufen nach § 1 Abs. 2 PartGG möglich, sofern keine individuellen Gründe dagegensprechen.
Organe der BAGs
Nur Rechtsanwälte oder Angehörige einer der in der BRAO genannten Berufe können Mitglieder des Geschäftsführungs- oder Aufsichtsorgans einer zugelassenen Berufsausübungsgesellschaft sein. Bei einer Fremdorganschaft ist es erforderlich, dass der geschäftsführende Gesellschafter hypothetisch selbst der Gesellschaft als Gesellschafter angehören könnte. Zudem haben die Fremdgeschäftsführer selbst auch die Berufspflichten zu beachten.
Nicht erforderlich ist, dass Rechtsanwälte in der Geschäftsführung einer Berufsausübungsgesellschaft, die auch der Ausübung der anwaltlichen Tätigkeit dient, in der Mehrheit sein müssen. Das Mehrheitserfordernis spielt nur bei der Bezeichnung der Gesellschaft eine Rolle.
Entsprechendes gilt nach § 55b StBerG auch für Steuerberater.
Versicherungspflicht nach der BRAO-Reform
Nach § 59n BRAO bzw. § 55f StBerG sind Berufsausübungsgesellschaften verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen und während der Dauer ihrer Betätigung aufrechtzuerhalten. Wird die Berufshaftpflichtversicherung nicht oder nicht in dem vorgeschriebenen Umfang unterhalten, so haften nach § 59n Abs. 3 BRAO neben der Berufsausübungsgesellschaft die Gesellschafter und die Mitglieder des Geschäftsführungsorgans persönlich in Höhe des fehlenden Versicherungsschutzes.
Die persönliche Versicherungspflicht für natürliche Personen bleibt auch dann bestehen, wenn sie ihrer Tätigkeit in einer Berufsausübungsgesellschaft nachgehen. Hinsichtlich der Mindestversicherungssumme für die Berufsausübungsgesellschaft ist wie folgt zu differenzieren:
Die Leistungen des Versicherers für alle innerhalb eines Versicherungsjahres verursachten Schäden können auf den Betrag der jeweiligen Mindestversicherungssumme begrenzt werden, vervielfacht mit der Zahl der Gesellschafter und mit der Zahl der Geschäftsführer, die nicht Gesellschafter sind.
Wer muss wegen der Reform der BRAO handeln?
Durch die BRAO-Reform ändert sich der Versicherungsschutz vor allem für kleinere Berufsausübungsgemeinschaften wie Rechtsanwalts-Sozietäten und Steuerberater-GbRs. Diese müssen im Regelfall ihre Versicherungssummen erhöhen, wenn sie sich bisher mit der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestdeckungssumme begnügt haben.
Das nachfolgende Schaubild zeigt, welche Kanzleien zeitnah Beratung zur Anpassung ihres Versicherungsvertrages suchen sollten:
Versicherungssummen nach der BRAO-Reform reduzieren?
Insbesondere kleinere Rechtsanwaltskanzleien mit maximal 10 Berufsträgern und einer Organisationsform mit beschränkter Haftung haben durch die BRAO-Reform die Möglichkeit, ihre Versicherungssumme zu reduzieren, da die gesetzlichen Anforderungen künftig niedriger sind als bisher. Hiermit können Beiträge in nicht unerheblicher Höhe eingespart werden.
Allerdings verringert eine niedrigere Versicherungssumme auch den Schutzgrad der Kanzlei. In Abhängigkeit von der eigenen Mandantschaft ist es ggf. ratsam, weiterhin bei einer Versicherungssumme von 2.500.000€ oder höher zu bleiben und nicht auf die Mindestversicherungssumme von 1.000.000€ zu reduzieren. Dies hängt jedoch vom jeweiligen Einzelfall ab und sollte gut durchdacht werden.
Beratung für Rechtsanwälte und Steuerberater
Die Vermögensschadenhaftpflichtversicherung ist die wichtigste Versicherung eines jeden Anwalts und Steuerberaters. Die Wahl des passenden Versicherungsschutzes sollte daher mit Bedacht getroffen werden und nicht nur den gesetzlichen Vorgaben entsprechen, sondern auch zum eigenen Kundenklientel passen. Daher empfehlen wir eine ausführliche Beratung, auch wenn der bestehende Versicherungsschutz bereits den neuen Regeln der BRAO-Reform entspricht.
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