Tarifwechsel in der PKV
Nicht wenige Kunden privater Krankenversicherungen hadern mit steigenden Beiträgen und möchten gerne ihren Tarif wechseln. Wie sinnvoll das ist und worauf Sie achten sollten, erklären wir in unserem heutigen Blog.
Lesedauer: 5 Minuten
Hinweis: Dieser Artikel wurde am 03.08.2024 im Zusammenhang mit dem Tarifwechselrecht nach §204 VVG editiert.
Welche Vorteile hat ein Wechsel des Krankenversicherers?
Durch einen Anbieterwechsel ist es möglich, einen moderneren Tarif zu wählen. Hierin sind unter Umständen Leistungen mitversichert, die im bisherigen Tarif nicht enthalten waren. Derzeit können dies z.B. Lasik-Operationen oder Palliativmedizin sein.
Weiterhin können Beitrag und Selbstbehalt im Rahmen eines Versichererwechsels sinken. Zudem sind Leistungserweiterungen oder zusätzliche Bausteine wie Krankentagegelder denkbar.
Für den Berater hat der Wechsel erhebliche finanzielle Vorteile. Bei 7-9 Monatsbeiträgen Provision verdient er schnell ca. 4.000€ für die Vermittlung des neuen Vertrags.
Welche Nachteile haben Anbieterwechsel?
Der Wechsel des Krankenversicherers ist mit vielen Nachteilen verbunden:
- Alle oder zumindest ein Großteil der Altersrückstellungen gehen bei einem Versichererwechsel verloren. Hierdurch wird Ihr Beitrag im Alter sehr wahrscheinlich deutlich höher ausfällt. Je länger der Altvertrag bestand, desto größer wird dieses Problem.
- Es muss eine neue Gesundheitsprüfung vorgenommen werden. Das Risiko einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung ist dabei nicht gering, was in Zukunft zu erheblichen Problemen führen kann.
- Niemand kann sagen, wie sich der neue Tarif entwickeln wird. Eventuell entwickelt sich dieser noch schlechter als Ihr bisheriger Tarif und Sie stehen in einigen Jahren vor demselben Problem.
- Sind Sie ein Mann und noch in einem geschlechterabhängigen Tarif (Bisex) versichert, müssen Sie in einen geschlechterunabhängig kalkulierten Tarif (Unisex) wechseln. Dadurch verlieren Sie unwiederbringlich das Recht, zurück in Tarife der Bisex-Welt zu wechseln.
Wann sollte der Krankenversicherer gewechselt werden?
Ganz klar: Nur in absoluten Ausnahmefällen! Dies kann der Fall sein, wenn sich Ihr Tarif katastrophal entwickelt hat und Sie bei einem weniger seriös kalkulierenden Anbieter versichert sind. Vor allem Kunden der Central Krankenversicherung haben in den vergangenen Jahren sprunghafte Beitragserhöhungen erleben müssen. Hier kann in Einzelfällen ein Anbieterwechsel sinnvoll sein, jedoch auch nur nach ausführlicher Prüfung und Beratung.
Tarifwechselrecht nach §204 VVG
Eine Alternative zum Anbieterwechsel kann ein Tarifwechsel innerhalb Ihrer aktuellen Versicherungsgesellschaft sein. Hierauf haben Sie nach §204 VVG ein Anrecht. Als langjährig PKV-Versicherter können Sie theoretisch in jeden Tarif wechseln, den die Versicherungsgesellschaft jemals angeboten hat. Vor allem bei Anbietern mit vielen verschiedenen Tarifgenerationen steht Ihnen so oft ein großes Spektrum möglicher Tarife zur Verfügung.
Die Prüfung Ihres Tarifwechselrechts ist aber alles andere als einfach. Sie ist mit einem erheblichen Aufwand verbunden und sehr komplex. Zwar sind die Versicherer dazu verpflichtet, beim Tarifwechsel zu unterstützen. In der Praxis verschleppen sie den Prozess aber oftmals oder bieten Tarife an, die eher zum Nachteil der Kunden wären.
Für den Tarifwechsel existieren zahlreiche Anbieter am Markt, die entweder auf Basis eines festen Honorars oder auf Erfolgsbasis arbeiten. Dabei werden oft horrende Kosten aufgerufen. Das Ziel ist dabei meist eine möglichst hohe Beitragsersparnis, oftmals zu Lasten der Tarifqualität und Beitragsstabilität.
Wir von TBO gehen davon aus, dass eine fundierter Entscheidung zu einem Tarifwechsel selbst bei maximaler Fachkenntnis aufgrund verschiedener Umstände nicht möglich ist. Aus diesem Grund bieten wir keine Tarifwechselberatung nach §204 VVG an. Möchte ein Bestandskunde jedoch seinen Tarif wechseln, unterstützen wir in adminstrativer Form. Mehr dazu haben wir in unserem Merkblatt PKV 204VVG beschrieben.
Was von einer Beitragsersparnis übrig bleibt
Für viele steht die Beitragshöhe im Vordergrund bei der Wahl eines Krankenversicherungstarifs, auch bei einem Anbieter- oder Tarifwechsel. Das nachfolgende Beispiel soll zeigen, dass eine vermeintlich hohe Ersparnis bei Licht betrachtet oftmals viel kleiner ausfällt.
Angestellter mit 30% persönlichem Steuersatz
Bisheriger Tarif: 600€ Monatsbeitrag
Neuer Tarif: 500€ Monatsbeitrag
Beitragsrückerstattung: Jeweils 3 Monatsbeiträge
Vermeintliche 100€ monatlicher Vorteil schrumpfen in diesem Beispiel leicht auf gerade einmal 26€ mehr monatlicher Liquidität zusammen. Wenn dieser Tarifwechsel mit der Erhöhung der Selbstbeteiligung oder Leistungseinschränkungen einhergeht, kann er letzten Endes sogar mit einem finanziellen Mehraufwand verbunden sein.
Fazit zum Tarifwechsel
Das Thema private Krankenversicherung ist generell ein sehr komplexes. Einem möglichen Wechsel in das PKV-System sollte unbedingt eine ausführliche Beratung und die Abwägung von allen Vor- und Nachteilen vorausgehen. Gleiches gilt auch für einen möglichen Tarifwechsel. Wir raten dringend davon ab, auf eigene Faust den Tarif zu wechseln. Nicht zuletzt, weil die Versicherer kein Interesse daran haben können, Ihnen den für Sie optimalen Tarif anzubieten.
Gerne unterstützen wir Sie dabei und freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme!
© Bild: fotofabrika / Fotolia