Invalidität von Kindern –Absicherungen und Rechte

Ein Unfall oder eine schwere Erkrankung des eigenen Kindes wünscht sich niemand. Sie führen zu Schmerzen und erheblichen, emotionalen Stress für Kind und Eltern. Ist damit eine dauerhafte Invalidität verbinden, kommen dazu oft auch noch finanzielle Probleme, welche die Situation noch weiter belasten und die Genesung des Kindes negativ beeinträchtigen können.

Wir können Ihr Kind nicht vor Invalidität schützen, möchten Sie aber über Ihre Rechte und Absicherungsmöglichkeiten aufklären.

 

Ihre Rechte bei Kinderpflege

Neben der finanziellen Absicherung benötigen Eltern bei schweren Erkrankungen und Unfällen ihrer Kinder vor allem Zeit. Denn natürlich müssen sie im Notfall für ihre Kinder da sein, sowohl für die körperliche Betreuung als auch zur emotionalen Unterstützung.

Dafür haben Eltern zur Pflege ihrer erkrankten Kindes das Recht auf Freistellung am Arbeitsplatz. Ist Ihr Kind unter 12 Jahre alt, gilt jede Form der Erkrankung als Notfall und Eltern können den Arbeitsplatz verlassen bzw. müssen gar nicht erst erscheinen. Natürlich sollte der Arbeitgeber informiert werden und ein Attest vom Arzt muss vorgelegt werden.

Der Arbeitgeber zahlt die im Arbeitsvertrag geregelte Lohnfortzahlung, alternativ gibt es von der gesetzlichen Krankenversicherung Kinderkrankengeld. Voraussetzung dafür ist, dass niemand Drittes im Haushalt als Betreuungsalternative zur Verfügung steht, wie z.B. die Großeltern und es muss ein Attest vom Arzt vorliegen. Pro Kind stehen Eltern im Jahr 10 Arbeitstage als Freistellung zur Verfügung, allerdings ab 3 Kindern maximal 25 Tage. Bei Alleinerziehenden verdoppelt sich die Anzahl der Tage auf 50, da sie das fehlende Elternteil ersetzen müssen. Privat Krankenversicherte haben diese Rechte in der Regel nicht.

Was tun, wenn das Kind älter als 12 ist? Denn ab diesem Alter erlischt der Anspruch auf Freistellung zur Kinderpflege. Dann gilt es mit dem Arbeitgeber zu verhandeln. Mögliche Lösungen: Überstunden abbummeln, unbezahlter Urlaub oder Home Office.

 

Gesetzliche und staatliche Absicherung

Je nach Lebensphase und Situation verfügt Ihr Kind über einige Versicherungen durch den Staat oder andere Träger:

  • Mit der Geburt wird Ihr Kind im Rahmen der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung auch in der Pflegepflichtversicherung eingeschlossen. Dadurch besteht im Falle einer Pflegebedürftigkeit grundsätzlich die gleiche Absicherung wie bei Erwachsenen (Mehr dazu lesen Sie hier). Aber: Durch die Definition der Pflegebedürftigkeit haben es Kinder besonders schwer, eine Einstufung in einen der fünf Pflegegrade zu erreichen. Denn die für die Bemessung erforderlichen Verrichtungen wie beispielsweise die selbstständige Zubereitung von Mahlzeiten können oftmals auch von gesunden Kindern nicht erbracht werden. Daher stehen bei Kindern weniger Kriterien zur Verfügung, um einen Pflegegrad zu erreichen.
  • Kindergartenkinder und Schüler genießen Schutz durch die gesetzliche Unfallversicherung, sofern der Unfall während der Betreuung oder auf dem Weg dorthin passiert. Diese zahlt neben einigen kurzfristigen Leistungen auch eine Rente ab einer Invalidität von mindestens 20%. Die Höhe dieser hängt vom Invaliditätsgrad und dem Alter des Kindes ab. Die maximale Rente liegt derzeit bei knapp 750€ monatlich, in aller Regel fällt sie jedoch deutlich niedriger aus. Da nur jeder fünfte Unfall während der Schulzeit geschieht und die Rente sehr niedrig ausfällt, ist die gesetzliche Unfallversicherung oft nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
  • Ist Ihr Kind Mitglied in einem (Sport-)Verein, besteht über diesen oder den zuständigen Verband oftmals eine Unfallversicherung. Deren Leistung ist aber meist sehr niedrig und lückenhaft.

 

Private Absicherungsmöglichkeiten

Die recht dünne staatliche Absicherung führt dazu, dass Eltern an einer privaten Absicherung für Kinder nicht vorbeikommen. Sehr ausführlich haben wir dieses Thema in unserem Ratgeber für Eltern beschrieben.

Im Folgenden möchten wir näher auf die Absicherung bei einer dauerhaften Invalidität eingehen. Diese Versicherungsart ist noch verhältnismäßig jung. Vor etwas mehr als 10 Jahren kamen die ersten leistungsstarken Tarife auf den Markt, ein echter Wettbewerb, der zu einer stetigen Verbesserung der Tarife führt, ist seit gut 5 Jahren zu beobachten.

Die Invaliditätsrente dient dazu, Ihren regelmäßigen finanziellen Bedarf zu decken, sofern Ihr Kind eine dauerhafte Invalidität erleidet. Anders als bei der Unfallrente spielt dabei aber in der Regel keine Rolle, ob die Invalidität unfall- oder krankheitsbedingt eingetreten ist. Hierin liegt der große Vorteil, da den meisten Leistungsfällen keine Unfälle vorausgehen. Die versicherte Rente kann entweder dazu genutzt werden, eine Betreuung durch eine externe Person (Kindermädchen, Pflegekraft) zu finanzieren oder um den Verdienstausfall zu ersetzen, wenn Sie als Eltern beruflich kürzer treten.

Oftmals wird die Invaliditätsrente fälschlicherweise mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung gleichgesetzt. Die Grundidee ist zwar dieselbe, allerdings unterscheiden sich beide Produkte in zwei Punkten grundlegend:

  • Die Berufsunfähigkeitsversicherung ist durchgängig kalkuliert. D.h. Sie zahlen –bis auf wenige Ausnahmen- immer den gleichen Beitrag bis zum vereinbarten Ablauf. Die Invaliditätsrente hingegen ist eine Sachversicherung, bei der der Beitrag nach jedem Jahr durch den Versicherer angepasst werden kann. Viele Tarife sehen zudem automatische Beitragserhöhungen vor, wobei diese meist erst im Erwachsenenalter greifen.
  • Anders als die Berufsunfähigkeitsversicherung deckt die Invaliditätsrente nicht alle denkbaren Ursachen für eine Invalidität ab. Vielmehr sieht sie einen festen Katalog an versicherten Risiken vor. Diese unterscheiden sich je nach Anbieter, lassen sich aber grob in fünf Bereiche zusammenfassen, wie die nachstehende Grafik zeigt:

Wogegen versichert eine Invaliditaetsrente

Was gilt versichert?

  • Unfallbedingte Invalidität: Führt ein Unfall zu einer mindestens 50%igen Invalidität, ist der Leistungsfall eingetreten (analog Unfallrente).
  • Organschäden: Ist eines der lebenswichtigen Organe (z.B. Lunge, Niere) Ihres Kindes schwer geschädigt, besteht Anspruch auf Leistung.
  • Schwere Erkrankungen: Der Versicherer definiert einen Katalog an schweren Krankheiten, welche zum Leistungsfall führen. Hierzu zählen z.B. Multiple Sklerose, Herzinfarkte und Schlaganfälle. Auch Krebserkrankungen sind mitversichert, wobei je nach Schweregrad oft nur ein Teil der Rente gezahlt wird.
  • Verlust von Grundfähigkeiten: Verliert Ihr Kind die Fähigkeit, Dinge des täglichen Lebens wie Sehen, Gehen, Hören oder Treppensteigen zu tun, erhalten Sie die vereinbarte Invaliditätsrente.
  • Pflegebedürftigkeit: Wird Ihr Kind durch die Pflegepflichtversicherung in einen Pflegegrad eingestuft, wird die versicherte Rente fällig.

Übrigens: Die aus unserer Sicht bestmögliche Absicherung ist eine Kombination aus einer Invaliditätsrente und einer Unfallversicherung mit maßvollen Versicherungssummen.

 

Frühzeitig BU-Risiko abdecken

Die Invaliditätsrente stellt für die meisten Kinder die bestmögliche Absicherung dar. Qualitativ ist sie aber nicht mit der Berufsunfähigkeitsversicherung vergleichbar, welche für Erwachsene heute zum Standard gehört. Auch wenn Kinder noch nicht berufsunfähig im eigentlichen Sinne werden können, bieten einige Versicherer bereits Tarife ab dem 10. Lebensjahr an. Damit verbunden sind mehrere Vorteile:

  • Schutz bei Schulunfähigkeit: Kann Ihr Kind aus gesundheitlichen Gründen dem normalen Schulunterricht nicht mehr folgen und brauch es deswegen zusätzliche Unterstützung (z.B. durch einen Privatlehrer), steht Ihnen die versicherte Rente zur Verfügung.
  • Ihr Kind erhält zukünftigen Versicherungsschutz unabhängig von der Berufswahl. Entscheidet es sich nach der Schulzeit für einen besonders risikoträchtigen Beruf (z.B. Dachdecker, Soldat, Altenpfleger), bleibt die Berufsunfähigkeitsversicherung weiterhin bezahlbar.
  • Sie sichern den Gesundheitszustand Ihres Kindes in einer Zeit, in der es statistisch gesehen noch gesund ist. Spätere Rückenprobleme, psychischer Stress im Studium oder andere Erkrankungen im Erwachsenenalter verhindern selbst bei Menschen Anfang 20 schon einen Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung.

Ganz billig ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung für Kinder allerdings nicht. Mindestens 50€ Monatsbeitrag für 1.000€ BU-Rente müssen hierfür einkalkuliert werden, tendenziell mehr. Allerdings existiert auch ein intelligentes Konzept für kleinere Geldbeutel:

 

BU-Vorsorge für Kinder

Sie schließen für Ihr Kind eine fondsgebundene Rentenversicherung ab, welche eine BU-Zusatzversicherung enthält. Der enthaltene Berufsunfähigkeitsschutz ist mit 500€ Monatsrente bis zum 60. Lebensjahr rudimentär. Allerdings hat Ihr Kind nach Abschluss der Schulzeit oder des Studiums die Möglichkeit, diesen Schutz ohne erneute Gesundheitsprüfung auf ein passendes Maß (Rentenhöhe, Endalter) anzupassen. Ist Ihr Kind dann noch gesund, kann es außerdem zu jedem anderen BU-Anbieter wechseln und damit noch bessere Konditionen erreichen. Der Fokus dieses Konzeptes liegt also ausdrücklich nicht auf einer BU-Absicherung Ihres Kindes, sondern des zukünftigen Erwachsenen.

Preislich ist dieses Konzept dadurch aber deutlich attraktiver. Der Monatsbeitrag liegt bei 25€. Wechsel ihr Kind mit z.B. 22 Jahren nach dem Abschluss des Studiums den BU-Anbieter erhält es zudem einen Rückkaufswert von ca. 2.500€ (je nach Wertentwicklung), sodass Sie für Versicherungsschutz und Optionsrecht letztlich nur knapp 8€ monatlich gezahlt haben.

Ergänzung vom 10.03.2020: Durch eine Änderung in den Versicherungsbedingungen reichen 500€ Monatsrente nicht mehr für das Konzept aus, sodass der Monatsbeitrag von 25€ mittlerweile in einigen Fällen überschritten wird.

 

Beratung notwendig

Eine schlechte Absicherung von Kindern gegen Invalidität kann zu erheblichen, finanziellen Nachteilen für Eltern führen. Die Tarife sind sehr komplex, deren Analyse ist alles andere als trivial. Auch spielt der richtige Zeitpunkt bei einem Abschluss bei Kindern eine besonders wichtige Rolle, wie auch unser Ratgeber für Eltern zeigt. Wir raten daher dringend dazu, eine unabhängige Beratung in Anspruch zu nehmen, bevor Sie sich für eine oder mehrere Versicherungen entscheiden.

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